Erfolg der Medizin: Neue Hornhaut
Klare Sicht dank neuer Hornhautzellen
Ein Patient und sein Arzt berichten, wie ein neues Verfahren das Augenlicht gerettet hat.

Bei der Spaltlampenuntersuchung kann Dr. Chankiewitz mit mikroskopischer Vergrößerung das Auge untersuchen

Dr. Chankiewitz mit Hornhautspende. Die Hornhaut ist die Fensterscheibe des Auges. Durch das transparente Gewebe an der Vorderseite des Auges fällt Licht ins Auge. Verliert die Hornhaut ihre Klarheit, ist das Sehen gestört. Sie hat fünf Schichten mit verschiedenen Funktionen: Das Epithel schützt das Auge u.a. vorm Austrocknen. Bowman Membran und Stroma geben ihr Stabilität. Die Descemet Membran ist eine Schutzschicht für die Endothelzellen. Diese pumpen Wasser aus der Hornhaut

Das Universitätsklinikum Halle/Saale ist ein Kompetenzzentrum für Hornhauterkrankungen

Dr. med. Erik Chankiewitz ist Spezialist für Glaukom- und Hornhauterkrankungen, Lehrbeauftragter und Leiter der Augen-Hochschulambulanz

Bei der Optischen Cohärenz-Tomographie wird u.a. die Dicke der Hornhaut gemessen
Patient Erwin Buhtz (86) berichtet: „Vor fast 15 Jahren wurde bei mir der graue Star festgestellt. Weil es dagegen keine Medikamente gibt, wurde ich an beiden Augen operiert und bekam neue Linsen. Dennoch verschlechterte sich in den Folgejahren durch eine Hornhauttrübung meine Sehkraft. Salben und Tropfen brachten keine Besserung. Auch eine Laserbehandlung blieb langfristig erfolglos. Scharf sehen konnte ich nicht mehr, alles war trüb.
Spende. Im Sommer 2011 erhielt ich unter Vollnarkose eine Spenderhornhaut für das rechte Auge. Zum Glück stieß mein Körper das Organ nicht ab. Nach einer Woche konnte ich das Krankenhaus verlassen, musste aber vierteljährlich zur Kontrolle zum Augenarzt. Erst nach knapp zwei Jahren konnten die Fäden entfernt werden.
Ohne Naht. In diesem Jahr war die Sehkraft des linken Auges so schlecht, dass es nicht mehr ohne neue Hornhaut ging. Begeistert war ich nicht, jede Operation birgt Risiken. Um so erleichterter war ich demzufolge, dass in Halle nach einer neuen Methode operiert wird, bei der man nur einen Teil der Hornhaut ersetzen muss. Der Schnitt ist kleiner, die Wunde heilt schneller und man muss keine Fäden mehr ziehen. Im Vergleich zu meiner ersten Transplantation hatte ich viel schneller meine Sehkraft zurück. Ich bin sehr zufrieden.“
Hier erklärt Oberarzt Dr. Erik Chankiewitz (37) die Behandlung: „Die Hornhautübertragung ist die älteste und am meisten durchgeführte Transplantation, die es gibt. Seit 1905 ist sie üblich.
Alte Methode. Das Heikle an der Perforierenden Keratoplastik, so der Fachbegriff, sind die Fäden, mit denen das neue Gewebe befestigt wird. Es ist nie klar, wie die Wunde sich entwickeln wird, es kann zu Trübungen und Abstoßungsreaktionen kommen. Weil erst nach eineinhalb bis zwei Jahren nach dem Eingriff die Fäden gezogen werden können, ist nicht vorhersehbar, wie sich die Sehkraft des Patienten entwickeln wird. Deswegen sollten sich Patienten in der Zeit auch keine Brille anfertigen lassen. Denn anschließend ist die Hornhaut anders gekrümmt als zuvor.
Neues Verfahren. Bei der noch relativ neuen Methode, der Descemet Membrane Endothelial Keratoplasty, kurz DMEK, werden nur einzelne Schichten der Hornhaut transplantiert, in unserem Fall die hintere Schicht – auch Endothel oder Pumpzellen genannt. Sie sind dafür zuständig, die Hornhaut unentwegt von Flüssigkeit zu befreien, um sie in einem durchsichtigen Zustand zu halten. Gelingt das nicht, wird die Hornhaut trübe. Auslöser können verschiedene Erkrankungen sein. Bei Herrn Buhtz war es die Fuchs’sche Hornhautendotheldystrophie. Weil dabei nur die Endothelzellen erkrankt sind, ist es ein großer Fortschritt, dass wir bei der DMEK nur diese Zellen transplantieren müssen. Dadurch kommen auch mehr Menschen als Spender infrage, weil nicht die ganze Hornhaut intakt sein muss.
Eingriff. Während der Operation entfernen wir am Spenderorgan und beim Patienten die Descemet Membran. An dieser stabilen Schicht der Hornhaut sitzen die Endothelzellen. Mit einer Art Spritze setzen wir das Spendergewebe dann im erkrankten Auge ein, entrollen es und bringen es mit einer kleinen Luftblase in die passende Position. Insgesamt brauche ich dafür zwischen 10 und 30 Minuten.
Erholung. Nach der Transplantation erholt sich der Patient sehr schnell, auch die Sehschärfe kommt nur Wochen nach der Operation zurück. Zudem ist es von Vorteil, dass quasi keine Abstoßungen auftreten. Auch können wir ohne Vollnarkose operieren, da das Auge nur lokal betäubt werden muss. So können selbst sehr betagte Patienten behandelt werden, die oft mehrere Krankheiten haben.“